Nordrhein-Westfalen hat ein eigenes E-Government-Gesetz verabschiedet, um die gesamte Landesverwaltung zu digitalisieren. Die Digitalisierung der Verwaltung ist ein mehrjähriger Prozess, der sich aus einer Vielzahl an Projekten zusammensetzt: Basiskomponenten wie E-Akte und Serviceportal werden entwickelt und in den Behörden ausgerollt, Geschäftsprozesse werden optimiert und Fachverfahren digitalisiert. Das Programm „Digitale Verwaltung NRW“ bündelt diese Projekte.
Ziel ist, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltung von vermeidbarem Verwaltungsaufwand zu entlasten. Weiterhin werden durch das Programm moderne Arbeitsplätze in der Verwaltung geschaffen. Die Verwaltung der Zukunft wird digital und papierlos sein. Für 120.000 Mitarbeiter in den Ministerien und in den 550 Landesbehörden bedeutet das eine enorme Umstellung. Wir freuen uns, für die Session Herrn Prof. Dr. Meyer-Falcke gewonnen zu haben!
Weitere Informationen finden Sie auf der PD-Seite zum Festival.
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Während der Session konnten Fragen über einen Chat gestellt werden. Die Aspekte, die nicht direkt erörtert werden konnten, werden hier wie folgt beantwortet:
In der Industrie hat es sich bewährt, vor „Digital“ Lean-Management zu machen. Haben Sie das eingeplant?
Im Rahmen der Digitalisierung findet ebenfalls eine Prozessoptimierung statt: auch in NRW gilt “keine Digitalisierung ohne Optimierung”. Insofern wird im Hinblick auf die digitalisierten Prozesse dem Prinzip von Lean Management Rechnung getragen. Diese Projekte werden als Projekte der Geschäftsprozessoptimierung durchgeführt.
Welche Verbesserungsziele haben Sie? Z.B. Produktivitätsverbesserung, Durchlaufzeitverbesserung, …. ?
Es werden sowohl Qualitätsverbesserungen als auch eine Beschleunigung der Verwaltungsabläufe angestrebt. Darüber hinaus existieren quantitative Einsparungsziele. Diese gehen aus der Begründung des EGovGs hervor. Damit gilt auch für das Programm DVN das Ziel, dass sich eine moderne Verwaltung am Kundennutzen ausrichtet.
Werden die Organisation und insbesondere das Beurteilungs- und Beförderungsverfahren mit agilem Arbeiten in Einklang gebracht, um Leute zur Mitarbeit zu motivieren?
Dem Grund nach stimmen wir Ihnen zu. Die Implementation von agilen Personalentwicklungsmaßnahmen innerhalb der Behördenorganisation ist jedoch kein Gegenstand des Programms DVN und obliegt der jeweiligen Behörde bzw. den Ressorts.
Wie stellen Sie sicher, dass die Bürger*innen mit den neuen Lösungen auch umgehen können?
Das Programm DVN richtet sich an die interne Behördenorganisation und -abläufe. Unser Zielgruppe sind die Beschäftigten des Landesverwaltung NRW. Die Lösungen werden mit einem nutzerzentrierten Ansatz konzipiert, so wird eine intuitive Zugänglichkeit sichergestellt. Ferner sind die Lösungen barrierefrei und werden im Falle von Websites ebenfalls in einfacher Sprache angeboten.
Gibt es Besonderheiten im Land NRW, die das Vorhaben leichter oder schwerer (oder einfach anders) machen?
NRW weist als bevölkerungsstärkstes Land die größte Landesverwaltung aller Bundesländer auf (in Summe ca. 450.000 Beschäftigte), was eine herausfordernde Realisierung in der Fläche darstellt.
Wie wird die Föderale Informationsmanagement-(FIM-)Methodik im Rahmen der Digitalisierung der Landesverwaltung genutzt?
Die FIM-Methode zielt auf die umsetzungsneutrale Beschreibung von Verwaltungsleistungen mit den Bausteinen ‚Leistungen‘, ‚Datenfelder‘ und ‚Prozesse‘.
Im Baustein ‚Leistungen‘ werden Verwaltungsleistungen sowohl in Anlehnung an die rechtlichen Regelungen als auch in verständlicher bürgernaher Sprache beschrieben. Diese Informationen werden für den Portalverbund und die Verwaltungssuchmaschine eingesetzt.
Die Entwicklung von Online-Diensten wird durch den Baustein ‚Datenfelder‘ unterstützt. Die Formularmanagementsysteme können die fachlich bereitgestellten FIM-Datenfeldbeschreibungen übernehmen und OZG-konforme digitale Services weitgehend ohne manuelle Programmiertätigkeiten erzeugen.
Der Baustein ‚Prozesse‘ wird Ressort übergreifend in Anlehnung an die Modellierungsrichtlinie für Geschäftsprozessoptimierungen aufgebaut, um Synergieeffekte für die schnelle Bereitstellung von Prozessmodellen zu nutzen und Doppelarbeit bei der Erstellung zu vermeiden.
Wie ist die Vernetzung mit dem weiteren “internen” Projekt my.NRW?
Die Durchführung des Projekts my.NRW erfolgt grundsätzlich innerhalb des Programms DVN und dessen Strukturen. Die Federführung für das Projekt obliegt dem Finanzministerium, da auch heute schon dort die Hauptverantwortung für die übergreifende Personalverwaltung ressortiert. Aufgrund der Bedeutung des Projekts my.NRW findet darüber hinaus ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Projekt und der Programmebene statt.
Werden die Ressourcen bei IT.NRW weiter aufgestockt und was plant man, um die umkämpften Spezialisten in den öD zu locken?
In der Tat werden die Ressourcen von IT.NRW im Programmverlauf weiter aufgestockt. Welche konkreten Maßnahmen zur Besetzung der Stellen ergriffen werden, obliegt in diesem Fall IT.NRW und ist nicht Gegenstand des Programms DVN.
Wird man zur Verschlankung und Beschleunigung von PRINCE 2 weg zu wirklich agilen Methoden gehen?
Prince2 wurde im Rahmen des Programms DVN auf die Projektumgebungen angepasst. In diesem Zusammenhang wurde bereits eine Verschlankung der Methodik realisiert. Ferner erlaubt der Ansatz von Prince2 bereits die Kombination mit agilen Methoden. Eine Abkehr von Prince2 ist vor diesem Hintergrund derzeit nicht geplant.
Warum wird in NRW für die E-Laufmappe auf ein eigenentwickeltes Tool gesetzt? Ist eine Landesverwaltung mit der Entwicklung und Pflege einer so komplexen SW nicht dauerhaft überfordert?
Die E-Laufmappe wird durch den IT-Dienstleister des Landes entwickelt, um die spezifischen Anforderungen der Landesverwaltung bestmöglich realisieren zu können. IT.NRW mit seinen über 2000 Mitarbeitenden ist technisch und personell für die Entwicklung und Pflege der Software-Lösung bestens aufgestellt.
Wie werden die Beschäftigten mitgenommen?
Im Rahmen des Rollouts findet ein umfassendes Veränderungsmanagement statt, welches die Beschäftigen auf die mit der Digitalisierung einhergehenden Änderungen vorbereitet und sie im Change-Prozess begleitet. Es werden den Beschäftigten verschiedene Formate angeboten, wie z. B. eine Community of Practice, Newsletter, Präsenz- und Onlineschulungen oder einen gesonderten Intranetauftritt in NRW connect.
Müssen die Beraterleistungen ausgeschrieben werden?
Alle Beratungsleistungen, die nicht über bestehende Rahmenverträge abgedeckt werden können, werden vom Land ausgeschrieben.
Das alles klingt komplex. Ist das in der gewünschten Zeit zu schaffen?
In der Tat ist das Vorhaben ambitioniert. Aktuell laufen alle Planungen auf das Programmende 2025, ferner wird der Programmfortschritt bezüglich der Zielerreichung kontinuierlich evaluiert.
Sehen Sie OKR als moderne Wirksamkeitskennzahlen als hilfreich und würden Sie deren Einführung unterstützen?
Die Wirksamkeit einer Managementmethode ist letztlich von der kompetenten Anwendung abhängig. Das Führen über Ziele ist heute schon ein Standardverfahren in der Verwaltung. Eine Verwendung von OKR im Kontext der Verwaltung ist grundsätzlich denkbar, aber nicht Gegenstand des Programms DVN.
Kann es auch Aufgabe des Veränderungsmanagements sein, am Mindset zu arbeiten und insbesondere den Anspruch der 100%-Lösungen abzubauen?
Im Rahmen des Veränderungsmanagements spielt auch das Thema Mindset eine wichtige Rolle, um die Mitarbeitenden nachhaltig mitzunehmen und für die Digitalisierung zu begeistern. Die Mitarbeitenden werden für das Thema “es muss nicht immer eine 100%-Lösung sein” sensibilisiert und die Akzeptanz als wichtiger Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Digitalisierung bestärkt.