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Case Study: RemiHub
Diesen Sommer haben wir kreative Bürokraten und ihre Verbündeten aus aller Welt gebeten, ihre innovativsten Projekte und Initiativen einzureichen. Und sie taten es! Auf dieser Seite erklären sie, wie sie den öffentlichen Sektor umkrempeln und neu denken, wie sie Lösungen für alte und neue Herausforderungen finden – alles, um das Leben von Bürgern und Bürokraten gleichermaßen ein bisschen besser zu machen.
Welches Problem wurde adressiert?
Gütertransporte in Städten werden in der Regel mit dieselbetriebenen Fahrzeugen abgewickelt. Damit gehen Lärm- und Schadstoffemissionen einher, die mit hohen gesundheitlichen Belastungen für die BewohnerInnen verbunden sind. Trends wie der wachsende Online-Handel oder Same-Day-Delivery und die damit einhergehende Verkleinerung von Sendungsgrößen lassen ein weiteres Wachstum des Verkehrsaufkommens, insbesondere in der Paketlogistik, erwarten. Gleichzeitig gilt es, rechtlich verbindliche Klimaziele zu erreichen und negative Auswirkungen des Güterverkehrs auf die BewohnerInnen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Dies kann nur dann erreicht werden, wenn es gelingt zumindest einen Teil der Güterverkehrsleistung auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu verlagern, oder Fahrten einzusparen. Hinsichtlich der Feinverteilung in der Last Mile kommt hochwertigen Logistikstandorten und intelligenten multimodalen Hubs eine zentrale Bedeutung zu: Angesichts des äußerst limitierten Angebots an geeigneten großvolumigen Logistikinfrastrukturen im urbanen Raum und den potentiellen Nutzungskonflikten um bestehende städtische Flächen, stellt die Suche nach geeigneten Flächen eine schwierige Aufgabe dar. Dieser Mangel an innerstädtischen Flächen hat unter anderem dazu geführt, dass die Last Mile oft relativ lang ist und in nahezu allen Fällen mit Lkws und Kleintransportern durchgeführt wird (Umschlagspunkte außerhalb der Städte). Gerade für die Zustellung von Paketen (B2C und B2B) in urbanen Gebieten mit Nutzungsmischung und hoher Dichte, bieten Lastenräder gute Voraussetzungen, jedoch bedarf es Möglichkeiten zum Güterumschlag in der Nähe der Zieladressen. Die Herausforderung ist es geeignete Flächen im städtischem Umfeld zu finden, jedoch sind gut gelegene innerstädtische Flächen rar und ihre Einrichtung aufgrund komplexer Eigentumsverhältnissen mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.
Was ist Ihre Lösung und weshalb ist sie innovativ?
Die Idee des Projekts RemiHub ist, bestehende zentral gelegene Flächen des Öffentlichen Verkehrs als temporäre, urbane Logistik-Hubs mit zu nutzen und als Hub & Spoke-Modell gemeinsam mit Lastenrädern und zukünftig auch eTransportern oder automatisierten Fahrzeugen (des ÖV) in der Last Mile Zustellung zu betreiben. Das Projekt RemiHub beschreitet neue Wege indem bestehende Flächenressourcen der Wiener Linien auf innovative Weise neue Nutzungszwecke zugeschrieben werden. Es wird ein innovativer Lösungsansatz geschaffen, um der Ressourcenverknappung entgegen zu wirken und einen Beitrag zu den österreichischen Klimaschutzzielen zu leisten. Die Garagen und Bahnhöfe der Wiener Linien weisen über den Tages- bzw. Jahresverlauf eine unterschiedliche Auslastung auf. Die in der Nacht stark ausgelasteten Flächen können während der Hauptverkehrszeit, wenn die meisten Fahrzeuge im Linienverkehr eingesetzt sind, als temporäre Umschlagsflächen genutzt werden. Durch dieses innovative Konzept werden bereits vorhandene Flächen für einen anderen Zweck genutzt, so dass keine neuen Flächen versiegelt werden müssen. Für den herkömmlichen Güterlogistikverkehr befinden sich die Umschlagflächen von Haupt- auf Nachlauf meist außerhalb der Stadt. Das bedeutet, dass im Nachlauf lange Strecken mit dem Lkw zurückgelegt werden, was zu einer hohen Lärm- und Schadstoffbelastung führt. Aufgrund der innerstädtische Lage der Bahnhöfe und Garagen kann eine kleinräumigere Verteilung der Pakete ermöglicht und die Streckenlänge sowie der damit verbundene Verkehr stark reduziert werden. Zudem kann eine hohe Anzahl von Leerfahrten eingespart werden.
Welche Hindernisse mussten Sie überwinden?
Flächen eines ÖV-Anbieters für Logistikzwecke zu nutzen ist ein Alleinstellungsmerkmal des Projekts und verdeutlicht, dass das Projektteam (tbw research (Konsortialführung), TU Wien – Fachbereich für Verkehrsplanung, Wiener Linien und Heavy Pedals) ein wenig erforschtes Gebiet erstmals untersucht. ÖV-Betriebsflächen für Güterverkehr-Hubs zu nutzen, ist in diesem Sinne per se neuartig und stellt sowohl für die Wiener Linien als auch für Logistikunternehmen eine organisatorische Innovation dar. Insbesondere der Spannungsbogen zwischen der Aufrechterhaltung des regulären ÖV-Betriebes an Betriebsbahnhöfen und Garagen, bei gleichzeitiger Nutzung der Flächen für Logistikzwecke, erfordert kreative Lösungen die durch das interdisziplinäre Projektteam erarbeitet werden. Durch die erarbeiteten Lösungen werden zentrumsnahe Logistikflächen geschaffen, die für eine umweltfreundliche urbane Güterlogistik unumgänglich sind.
Welche Hindernisse mussten Sie überwinden?
Flächen eines ÖV-Anbieters für Logistikzwecke zu nutzen ist ein Alleinstellungsmerkmal des Projekts und verdeutlicht, dass das Projektteam (tbw research (Konsortialführung), TU Wien – Fachbereich für Verkehrsplanung, Wiener Linien und Heavy Pedals) ein wenig erforschtes Gebiet erstmals untersucht. ÖV-Betriebsflächen für Güterverkehr-Hubs zu nutzen, ist in diesem Sinne per se neuartig und stellt sowohl für die Wiener Linien als auch für Logistikunternehmen eine organisatorische Innovation dar. Insbesondere der Spannungsbogen zwischen der Aufrechterhaltung des regulären ÖV-Betriebes an Betriebsbahnhöfen und Garagen, bei gleichzeitiger Nutzung der Flächen für Logistikzwecke, erfordert kreative Lösungen die durch das interdisziplinäre Projektteam erarbeitet werden. Durch die erarbeiteten Lösungen werden zentrumsnahe Logistikflächen geschaffen, die für eine umweltfreundliche urbane Güterlogistik unumgänglich sind.
Was war das Ergebnis?
Um wesentliche Aspekte des RemiHub-Konzepts unter realen Bedingungen zu testen, fanden bisher zwei Testbetriebe statt. Dabei konnte demonstriert werden, dass das Konzept funktioniert. Der erste Testbetrieb fand an zwei Tagen im Herbst 2019 auf einer Fläche bei der Remise Kagran statt. Von dort aus wurden, in Kooperation mit einem Frischelogistiker, Lebensmittel an Bildungseinrichtungen im 22. Bezirk zugestellt. Für den zweiten und größeren Testbetrieb konnte der Paketlogistiker DPD für die Kooperation gewonnen werden. Die Pakete wurden vom Depot Leopoldsdorf mittels Klein-LKW zur Busgarage Spetterbrücke transportiert, dort umgeladen und per Lastenrad im westlichen Ottakring (16. Bezirk) feinverteilt. In dieser Woche wurden: • ca. 300 Pakete per Lastenrad zugestellt • ca. 250 Adressen beliefert • pro Tag wurden rund 7-8 km per Lastenrad zurückgelegt und • insgesamt ca. 50 LKW-Kilometer eingespart (längere Fahrtwege aufgrund von Einbahnregelungen) Video der Wiener Linien zum Testbetrieb Spetterbrücke:https://vimeo.com/415417150
Können Sie die Wirkung beschreiben, die Sie erzielt haben?
Das in den Testbetrieben demonstrierte Konzept kann in mehrfacher Weise erweitert werden: (1) permanent statt befristet, (2) mit mehreren Logistik-Partnern an einem Standort und (3) die Nutzung von mehreren Standorten der Wiener Linien für Paketumschlag. Damit ist eine deutliche Ausweitung der eingesparten LKW-Kilometer möglich. Pro eingesetztem Lastenrad und Jahr dürfte damit eine Einsparung von rund 2500 LKW-Kilometern im dicht bebauten Gebiet möglich sein. Die Erkenntnisse aus den Testläufen bilden die Grundlage für die Konzeption des parallelen Betriebs von Öffentlichem Verkehr und Logistiktätigkeiten auf Flächen der Wiener Linien. Diese Konzeption bildet, gemeinsam mit einer Nutzwertanalyse der Flächen der Wiener Linien in Bezug auf den Güterumschlag, die Grundlage für die Abschätzung künftiger Potenziale der Nutzung von ÖV-Flächen für den Umschlag auf umweltfreundliche Verkehrsmittel. Mit Erkenntnissen zu diesen Fragestellungen kann durch RemiHub ein allgemein gültiges Konzept entwickelt werden, wie das Zusammenspiel von Logistik und Öffentlichem Verkehr zukünftig funktionieren kann. Eine Ausweitung des Konzepts auf weitere Flächen (z. B. große Parkplätze, Tankstellen) ist ebenso denkbar wie die Übertragung auf andere Städte. Dabei kommen alle größeren Städte infrage, die folgende Voraussetzungen erfüllen: hohe Bebauungsdichte im Zentrum und zentral gelegene ÖV-Flächen. Allein in Europa besteht somit ein Potenzial von hunderten Städten für die Umsetzung von RemiHubs. Damit kann die Umsetzung von RemiHub zur Erreichung von lokalen, nationalen und internationalen verkehrs-, klima- und gesundheitspolitischen Zielen wie der Dekarbonisierung des Verkehrssystems sowie innerstädtischer Emissionsreduktion (Lärm, Schadstoffe) beitragen und außerdem die Basis für eine nachhaltige Neuorientierung von Citylogistik schaffen.